Schloss Hohenwehrda Jahrbuch 2021-2022

SCHULE

Bestes Abitur: André Geyer Schuljahr 2021/2022

das hat seinen eigenen Charme, im Winter bei minus zehn Grad bis zur Hüfte ins Wasser des Freibeckens. „Die Zeit hat mir persönlich sehr viel geholfen. Das Äußere bestimmt das Innere. Man wird gelassener. Das hat mir schon gefallen“, blickt André zurück. Er meint die Erziehung zu Ordnung, Disziplin und Struktur; nicht unbe dingt Liegestütze und Wasserspiele unter null Grad. Es gefällt ihm gut – aber nicht gut genug. Also setzt André auch hier einen Schlusspunkt, tauscht die Sicherheit des Beamtenstatus‘ gegen die Frage: Was kommt nun? Er will helfen können mit seinem Beruf. Klar, das kann man im öffentlichen Dienst auch. Aber André denkt in eine andere Richtung, formuliert erstmals in seinem (Berufs-) Leben ein konkretes Ziel: Notarzt auf einem Rettungshub schrauber. Dabei greift er auf Erlebnisse in seiner Kindheit zurück. Ein Familienmitglied fliegt, nicht als Mediziner, aber als Sanitäter und am Funk. André erinnert sich: „Ich konnte kaum laufen, da nahm er mich mit in den Hubschrauber.“ André absolviert eine Ausbildung zum Rettungssanitäter, investiert viele Stunden seiner freien Zeit in den Rettungsdienst und die Freiwillige Feuerwehr. Andrè, selbst Motorradfahrer, ist dabei, wenn Menschen bei Verkehrsunfällen gerettet werden, aber auch, wenn jede Hilfe zu spät kommt; André hilft auch 2021 beim katastrophalen Hochwasser im Ahrtal. Er bespricht seine Wünsche mit seinen Eltern, sie fassen einen Beschluss. Seine Schwester besucht das Internats dorf Haubinda, André geht 2020 nach Hohenwehrda. Beide Geschwister in einem Internat, das kann, muss aber nicht gut gehen. In Hohenwehrda besucht er zwei Jahre lang die Fachoberschule Sozialwesen, soll Abi tur machen. Mitschüler der FOS und anderer Klassen profitieren von seinem Wissen, seiner Struktur, sozialen Grundhaltung und auch von seiner klaren Ansprache. André unterstützt gerne, aber es darf keine Einbahnstra ße sein; seine Tipps, sein Aufwand sollen nicht in dem schwarzen Loch der Lethargie verschwinden. Wo und wie hilft ihm Hohenwehrda auf dem Weg zum Fachabi? „Die kleinen Klassen, man geht nicht unter. Und die Unterstützung durch die Lehrer. Man fällt nicht runter, wird aufgefangen, wenn man etwas nicht versteht, moti viert und unterstützt. Ich habe Menschen kennengelernt, von denen ich etwas für mein Leben mitnehme.“ Mit dem Fachabitur und der Note 1,0 nähert sich André seinem Traum ein großes Stück. Sein Vater - ein Medizi ner - zeigt viel Verständnis. André sieht seine Bestimmung in der Luft. Er sucht die Aktion, Verantwortung und den Blick auf Deutschland von oben; nicht die Heilung von Husten, Schnupfen und Heiserkeit. André meint das nicht überheblich, er formuliert es nur verständlich. Außerdem gibt es einen Mangel an Notärzten. Im Herbst beginnt sein Studium der Humanmedizin in Mostar. Später möchte er zur Allgemeinen Medizin oder Anästhesie wechseln. „Für mich bietet die Uni die beste Möglichkeit, auch mit einem Fachabitur Medizin zu studieren.“ Die Stadt in Herzegowina ist auch bekannt für ihre Geschichte, die Statue in der Stadt zu Ehren der Kampfsportlegende Bruce Lee, ihre Altstadt mit histori

schen Bauten, einem UNESCO-Welterbe und für ihr Klima. Sie gehört zu den heißesten Städten Europas. Im Sommer werden hier nicht selten mehr als 40 Grad gemessen. Stört André nicht weiter. „Ich gehe dorthin, um Arzt zu werden.“ Die Regelstudienzeit für Medizin liegt in Mostar bei zwölf Semestern. Er will sie einhalten, vielleicht sogar unterbieten. So ist sein Plan.

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