Schloss Hohenwehrda Jahrbuch 2021-2022

SCHULE

Interview mit unserer Musikdirektorin Christina Rümann Schuljahr 2021/2022

Christina Rümann: Die Zauberflöte ist weit mehr als die reine „Märchenoper“, die viele damit verbinden. Die Entwicklung der einzelnen Protagonisten ist sehr wider sprüchlich. Wie kommt es z.B., dass jemand, der einer Mutter das Kind raubt, am Ende verehrt wird als der große Heilsbringer? Aber gerade diese Widersprüche machen diese Oper so interessant. Musikalisch gesehen strotzt die Zauberflöte nur so von Ohrwürmern, die einen oft noch über den Besuch der Oper tagelang begleiten. Und trotzdem wird diese Mu sik nie langweilig. Obwohl ich nun schon so viele Vorstel lungen gesungen habe, überkommt mich jedes Mal mit dem Erklingen der Ouvertüre eine große Vorfreude. Das ist wohl auch der Grund für den unglaublichen Erfolg der meistgespielten Oper der Welt. Und welches ist Ihre Lieblingskomposition, welches Ihre Lieblingsrolle? Christina Rümann: Von den Partien, die ich schon singen durfte, ist meine Lieblingsrolle „Lucia di Lammermoor“ aus Donizettis gleichnamiger Oper. Hier ist die Entwicklung der Hauptfigur wesentlich feiner. Lucia entwickelt sich von einem liebenden Mädchen in eine Wahnsinnige, die aus Verzweiflung ihren Ehemann, mit dem sie zwangsverhei ratet wurde, noch in der Hochzeitsnacht ersticht. Großes Drama also, wobei Lucia dabei die wunderbarsten Arien und Ensembles singen darf. Der Schluss der Oper gehört allerdings dem Tenor, bei dessen Abschiedsarie mit Solo

cello mir jedes Mal die Tränen kamen.

Sie haben als Koloratursopranistin bei einem Open Air auf einem Motorrad gesungen und im Flughafen in Erfurt: Welche Location favorisieren Sie? Christina Rümann: Die Motorradszene war in einem Steinbruch und zum Glück musste ich nicht selbst fahren. Die Jungs von der Motorrad-„Gang“ waren dann auch wegen des einsetzenden Regens in sehr moderatem Tempo unterwegs – da ich keinen Helm trug, habe ich mich dann auch etwas sicherer gefühlt. Für das Publikum beeindruckend war auf jeden Fall auch die Szene in ei ner Baggerschaufel bei den Erfurter Domstufenfestspielen, wobei das schauspielerisch dann natürlich keine Heraus forderung mehr war. Auch wenn Theater oft die bessere Akustik für Sänger haben, so sind es doch die Open-Air-Produktionen, die dann am meisten in Erinnerung bleiben. Meine liebste Zauberflöte durfte ich bei den Schlossfestspielen in Schwerin singen, im Hintergrund war das wunderschöne Schweriner Schloss angestrahlt und von Pferden bis Hun den war alles dabei. Und mein Kostüm war das größte, was ich jemals hatte. Ein wunderschönes Theater-Kleinod habe ich in Montepulciano in der Toskana entdeckt. Bei einem Meisterkurs haben wir in dem kleinen Theater ein Konzert gesungen. Von der Optik her war das wie die Mailänder Scala in klein. Sehr familiär.

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